Kinaestetics-Trainertreffen in Absberg
Gruppenfoto der Kinaesthetics-TrainerInnen im Therapiezentrum von Regens Wagner Absberg
Sich zu bewegen ist für gesunde Menschen selbstverständlich. Was genau geschieht eigentlich beim Hinsetzen oder Hinlegen, beim Aufstehen usw? Darüber macht man sich in der Regel erst Gedanken, wenn die Bewegungen Schmerzen verursachen. Kinaesthetics nennt sich ein Lernkonzept, das sich mit Bewegungswahrnehmung und mit dem Erwerb von Bewegungskompetenz beschäftigt. Im Therapiezentrum von Regens Wagner Absberg trafen sich TrainerInnen aus den Bereichen Altenpflege, Krankenhaus, Einrichtungen der Behinderten-/Eingliederungshilfe und ambulanter Pflege der Kinaesthetictrainer-Regionalgruppe Bayern Süd für einen gemeinsamen fachlichen Austausch.
„Es ist die zentrale Aufgabe von Kinaesthetics zu forschen: Wie können wir uns und unseren Körper besser verstehen, um sensibel zu sein für die Bewegung des anderen“, erklärt Lisa Nachreiner (Foto 6. v. l. stehend), Pflegedienstleitung BRK Pflegezentrum Furth im Wald. Sensibilität für das Thema und dessen Bedeutung im Pflegealltag hat die Gesamtleitung von Regens Wagner schon früh entwickelt. Seit 2005 gibt Peter Webert (Foto 2. v. l.), Kunsttherapeut und Kinaesthetics-Trainer, unterschiedlich ausgelegte Kurse im regionalen Zentrum Absberg für Mitarbeitende, KlientInnen Klienten und deren Angehörige. „Im Programm lernen die Angehörigen, ihre eigene Bewegungskompetenz zu entwickeln und diese zu nutzen, um in der alltäglichen Pflege ihrer Angehörigen kompetenter zu werden“, fasst es der im Vorstand von Kinaesthetics Deutschland aktive Trainer zusammen.
Ausgangspunkt und Haupteinsatzgebiet von Kinaesthetics ist die Pflege. In Kliniken, Alten- und Pflegeeinrichtungen geht es täglich um Fragen wie: Wie kann ich Menschen möglichst so bewegen, dass sie sich als selbst wirksam erfahren? Wie kann ich Menschen so bewegen, dass es auch mir als Pflegekraft leichter fällt? Brigitte Ruf (Foto 6. v. l. sitzend), Gruppenleitung RW Zell: „Mir tut es einfach leid, wenn ich sehe, dass Klienten – ohne böse Absicht – nicht optimal angefasst oder bewegt werden oder auch wenn Kollegen mit Rückenprobleme ausfallen.“
Doch nicht nur Mitarbeitenden in der Pflege, auch Reinigungskräften und Büroarbeitern kann die Beschäftigung mit Kinaesthetics helfen, länger fit und beweglich zu bleiben. Dazu Lisa Nachreiner: „Kinaesthetics verändert uns auch im Privaten, bringt uns dazu, dass wir achtsamer mit uns sind. Das ist ein Thema, das gerade in der heutigen Zeit etwas verloren geht – die eigene Wahrnehmung. Wir wollen das Bewusstsein dafür schärfen.“
Den größten Unterschied zu therapeutischen Angeboten sehen die Bewegungsexperten im alltäglichen Umgang mit den Menschen. „Der Therapeut kommt vielleicht zweimal in der Woche 20 Minuten. Der Physiotherapeut kann fachlich unterstützen aber die Gestaltung der Aktivitäten des täglichen Lebens, das ist unser Job“, erklärt Nachreiner. Therapeuten seien wichtig, im Alltag könne man aber schon beim Zähneputzen, Schlafanzugausziehen oder bei der Körperpflege die Bewegungsmöglichkeiten von PatientInnen bzw. KlientenInnen erhalten und fördern. Aus diesem Grunde wünschen sich die Kinaesthetics-Trainer eine Grundschulung von Bewegungstechniken bereits bei der Ausbildung neuer Mitarbeiter.
Brigitte Ruf: „Aktuell ist es so, dass Vorpraktikanten noch keine Fortbildungen besuchen dürfen. Wenn es ihnen dann nach der Ausbildung möglich ist, ist bei manchen das Kreuz bereits kaputt.“ Im Pflegealltag findet das Thema jedoch eine immer höhere Bedeutung. Deutschlandweit werden jährlich rund 22.000 Beschäftigte in der Pflege fortgebildet. Eine noch höhere Relevanz bekommt das Thema jedoch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. „Was passiert mit alten Menschen, die pflegebedürftig sind? Hier kann Kinaesthetics wirklich einen wichtigen Beitrag leisten, die Menschen in ihrer Mobilität so zu unterstützen, dass sie möglichst lange zu Hause bleiben können. Da sollten der Bund, die Länder und die Kommunen höchstes Interesse daran haben, solche Lernwerkstätten zu unterstützen, damit Menschen möglichst lange selbstständig bleiben können“, so Nachreiner.
Übrigens: Am Thema Interessierte haben grundsätzlich die Möglichkeit an einem kostenlosen Kinaesthetics-Grundkurs für pflegende Angehörige teilzunehmen. Infos unter www.wir-pflegen- zuhause.de / Kontakt: peter.webert@regens-wagner.de